»Nicht zuviel Konzept!« Martin Bornemann im Interview
»Ich erwarte in diesem Jahr Triple! Wenn nochmals jemand aus Basel gewinnen würde, wäre das toll! Aber natürlich auch das gewohnt hohe Niveau, coole Drinks mit schönen Geschichten, tolle Finalisten und die unterschiedlichsten Charaktere. Außerdem hoffe ich, dass auch viele Frauen dabei sein werden!«
— Martin Bornemann
Bei der Made in GSA Competition 2018 in Frankfurt sicherte sich Martin Bornemann mit seinem Long Drink „Aureum“ den Gesamtsieg. Im Gespräch verrät der Wahl-Baseler, wie das liquide Schweizer Potpourri auf Basis des Appenzeller Alpenbitter entstanden ist. Ein Patentrezept gegen Lampenfieber im GSA-Finale hat der smarte Bartender leider nicht petto. Dafür aber einige hilfreiche Tipps zur sorgfältigen Vorbereitung mit viel Übung und Recherche.
»Die Rezeptur ist zwar simpel, doch ich habe während zwei, drei Wochen mehrere Anläufe gebraucht, um das richtige Verhältnis der Zutaten zueinander zu finden und sie auszubalancieren.«
Es ist das erste Mal in der Geschichte der Made in GSA Competition gewesen, dass ein Finalist den höchsten Platz auf dem Siegertreppchen mit einem Long Drink erklommen hat: Martin Bornemann hat es mit seinem „Aureum“ auf Basis des Schweizer Appenzeller Alpenbitter und weiteren, fast ausschließlich schweizerischen Zutaten geschafft.
Bis zur sechsten Made in GSA im Vorjahr nämlich hatten die Teilnehmer jeweils mit einem Short Drink gewonnen. Zudem gelang es dem gebürtigen Berliner, überzeugten Wahl-Baseler und baldigen Bräutigam als erstem Teilnehmer, auch die Wertungen beider Sonderkategorien für sich zu entscheiden. „Ganz ehrlich: Das war Zufall“, erklärt der leidenschaftliche Gastgeber, der sich für die diesjährige Made in GSA Competition über ein Baseler Sieger-Triple, coole Drinks mit schönen Geschichten, einen höheren Frauenanteil und ein tolles Finale mit den unterschiedlichsten Charakteren freuen würde.
Martin, in deinem Aureum-Cocktail setzt Du auf Appenzeller Alpenbitter mit einem Potpourri aus weiteren Schweizer Zutaten. War das Konzept? Hattest Du ein sicheres Bewerbungskonzept?
Martin Bornemann: Nein, kein Konzept! Wo bliebe denn dann der Reiz? Manche haben vielleicht eine Geschichte, Lieblingsprodukte oder ein bestimmtes Aromenprofil im Kopf. Aber das muss jeder für sich entscheiden. Ich habe mich anfangs auf keine Basisspirituose festgelegt. Beim Blick auf das GSA-Portfolio bin ich bei Appenzeller hängengeblieben und musste schmunzeln, weil es keine Spirituose ist, die ich bis dahin oft verwendet habe. Ich dachte mir aber: Wenn schon GSA, dann Appenzeller. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand anders damit arbeitet, ist gering, obwohl Appenzeller – gerade im Berliner Raum – in letzter Zeit mehr Beachtung gefunden hat.
Warst du dir bei der Wahl des geschmacklich durchaus fordernden und aromatischen Kräuterbitter sicher? War das auch ein kleines Wagnis?
Martin Bornemann: Ja und nein. Ich wusste, dass es gewagt ist, habe aber gehofft, dass diese Entscheidung Beachtung finden und für Gesprächsstoff sorgen wird. Es hätte auch in die Hose gehen können.
Wolltest Du bei deiner Komposition im Schweizer Spirituosen-Terrain bleiben, und war der Long Drink von vornherein klar? Wie hast Du deine Trinkidee entwickelt, die Geschichte und den Namen gefunden?
Martin Bornemann: Ich dachte mir, wenn es regional sein soll, dann will ich auf jeden Fall in meiner Wahlheimat bleiben, wo ich seit 16 Jahren lebe. Es wäre komisch gewesen, deutsche Produkte zu verwenden. Mir war bei der Entscheidung zu dem megadominanten Appenzeller klar, dass es unbedingt etwas „Langes“ und Frisches werden muss. Außerdem hatte bis dahin noch nie ein Long Drink gewonnen. Ich fand, dass es dafür an der Zeit ist.
Es braucht Spirituosen, die dem Appenzeller die Stirn bieten können. Dann habe ich The Seventh Sense Falernum, Swiss Mountain Spring Dry Tonic und den hochprozentigen Humbel Kirsch XK gesehen, der alle Aromen bindet, zur Geltung bringt und zu einem Päckchen schnürt. Erst danach habe ich eine Geschichte dazu aufgebaut und bin auf den Namen gekommen. Dafür war es hilfreich, Informationen zu Appenzeller einzuholen. Wie die darin enthaltenen ausländischen Gewürze wie Zimt, Ingwer, Nelke oder Minze aus dem arabischen Raum nach Europa gekommen sind. Ich fand die Handelsgeschichte dahinter sehr interessant, und der Name Aureum spielt auf die goldene Farbe des Drinks an.
Wie lange hast Du dann am Rezept gefeilt, bis Dein Cocktail für Dich perfekt war?
Martin Bornemann: Die Rezeptur ist zwar simpel, doch ich habe während zwei, drei Wochen mehrere Anläufe gebraucht, um das richtige Verhältnis der Zutaten zueinander zu finden und sie auszubalancieren.
»Informationen einholen und richtig viel üben! Es zählt das Gesamtpaket aus Cocktail, Geschichte und Performance. Das alles kann und muss man üben, um möglichst authentisch rüberzukommen, Zeit für den Drink und mögliche Fragen seitens der Jury aufzubringen und nicht wie im Theater durchzuquasseln.«
Mit dem Aureum hast Du auch als erster Teilnehmer überhaupt den Sieg in gleich beiden Sonderkategorien erreicht. War das Teil deines Konzeptes?
Martin Bornemann: Ganz ehrlich – das war Zufall! Erst als ich die Rezeptur abgeschickt und das Reglement und die Sonderkategorien nochmals durchgesehen habe, dachte ich, rein theoretisch könnte ich gleich drei Preise gewinnen. Ich kann aber nicht behaupten, dass dies Teil des Konzepts war.
Was würdest Du den diesjährigen Teilnehmern der Made in GSA Competition zur Vorbereitung auf das Finale raten?
Martin Bornemann: Informationen einholen und richtig viel üben! Es zählt das Gesamtpaket aus Cocktail, Geschichte und Performance. Das alles kann und muss man üben, um möglichst authentisch rüberzukommen, Zeit für den Drink und mögliche Fragen seitens der Jury aufzubringen und nicht wie im Theater durchzuquasseln. Informationen über die Jury einzuholen, ist bestimmt auch hilfreich. Umso besser man die Juroren kennt, ein umso besserer Gastgeber kann man sein – natürlich immer noch sich selbst treu und gut aufgestellt. Auch wenn wir immer Gastgeber sind, ist es einfacher, wenn man weiß, wer kommt. In meinem Fall beispielsweise war die Jury eher klassisch besetzt. Daher habe ich auf einen klassischen Arbeitsauftritt im Anzug und eine klassische Arbeitstechnik geachtet. Aber Garantie ist das nicht. Man könnte auch bestimmt das Gegenteil machen und dieses zum Ziel führen. Es zählt eben der Gesamteindruck.
Du warst gut vorbereitet. Hattest du trotzdem Lampenfieber?
Martin Bornemann: Mega! Ich war sehr, sehr nervös, obwohl ich gut vorbereitet war und wusste, ich kann das, was ich mache. Ich habe schon an größeren Competitions teilgenommen, bei denen man als Teilnehmer aber anonymer ist. Die Made in GSA jedoch bietet einen sehr familiären Rahmen. Ich wusste, wem ich dort gegenübersitzen werde, nämlich beispielsweise Charles Schumann.
Was erwartest Du Dir von der Made in GSA Competition 2019?
Martin Bornemann: Ein Triple! Wenn nochmals jemand aus Basel gewinnen würde, wäre das toll! Aber natürlich würde ich das gewohnt hohe Niveau, coole Drinks mit schönen Geschichten, tolle Finalisten und die unterschiedlichsten Charaktere erwarten. Außerdem hoffe ich, dass auch viele Frauen dabei sein werden!
Martin, wir danken Dir ganz herzlich für das Gespräch und Deine Zeit!
Photo Credits: Sandra Mann